Digitale Literatur

Deutschlandfunk veröffentlicht auf ihrem Büchermarkt einen Beitrag über das Schreiben mit Künstlicher Intelligenz und berichtet über den Roman (Berlin, Miami) von Hannes Bajohr und über das Buch Quellcodekritik von Hannes Bajohr/Markus Krajewski.

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Über den Roman: Die Welt in Hannes Bajohrs (Berlin, Miami) ist alles, was einer mit vier Gegenwartsromanen gespeisten KI zugefallen ist: ein namenloser Programmierer, der Listen daraufhin prüft, wer tot ist und wer nicht. Agenten der sogenannten Ãää-Firma, die Ãäängste schüren wollen. Die Gründung des niedrigen Kongresses auf Sylt. Kieferling und Teichenkopf. Lebensviren und Co-Yoga. Pechwörterworte, Sechs-Lame-Sprache und DER UNTERSCHIED. Was daraus generiert wird, ist Erzählung als bloßes Oberflächenphänomen, der irrwitzige Fiebertraum eines Sprachmodells, das Liebesgeschichten und Verschwörungsnarration simuliert, um sich – der Logik von Realität und Grammatik zum Trotz – umgehend selbst ins Wort zu fallen, an die Wand zu fahren und auch noch der letzten kausalen Klammer zu entledigen. Doch anstatt schlussendlich daraus aufzuwachen, wird die KI von Bajohr immer weiter angespornt, bis selbst der altbekannte Traum der Roboter von elektrischen Schafen platzen muss und so der Literatur gänzlich neue Rahmen steckt.

Quellcodekritik: Algorithmen bestimmen unsere Lage. Vom Google-PageRank-Algorithmus bis zur Kreditvergabe greift ihre Logik auf Schritt und Tritt in unser Leben ein. Einige von ihnen arbeiten undurchsichtig und schirmen ihr Innenleben vor neugierigen Blicken ab. Andere bemühen sich um Transparenz und folgen einer Ethik des Open Source. In beiden Fällen ist jedoch ein nicht unerheblicher Aufwand erforderlich, um die Quellcodes zu verstehen, in denen Algorithmen geschrieben sind. Codes sind besondere Texte: Sie setzen Befehle um, wenn sie ausgeführt werden, und reduzieren Expression auf Direktiven. Sie sind somit mehr und weniger als gewöhnliche Sprache. Zugleich führen sie mit der Möglichkeit zur Kommentierung stets eine Metaebene mit, auf der man sich über ihre Funktionsweise verständigen kann. Daher erfordern sie auch eine besondere Philologie. Die Quellcodekritik, die dieser Band vorstellt, ist der Versuch, Algorithmen zu erschließen, zu interpretieren und sie gegenwärtigen wie zukünftigen Leser*innen zugänglich zu machen. Sie mobilisiert einen Zugriff, der in der Informatik ebenso zu Hause ist wie in der Textkritik. Zugleich schlägt sie Strategien vor, auch mit jenen neuen Sprachmodellen umzugehen, in denen Codes nur am Anfang stehen, während ihr statistisches Inneres undurchdringlich bleibt. Die Beiträge liefern so Beispiele und Methoden, wie klassischer Code und künstliche Intelligenz lesbar zu machen sind.